„Es ist empfehlenswert, überhaupt Maßnahmen zu ergreifen – auch auf die Gefahr hin, Fehler zu machen“

FH Münster-Absolventin Karlotta Wigger untersuchte Auswirkungen der Coronapandemie auf den Einzelhandel


Münster/Ahaus (21. Juli 2021). Durch das bundesweite Ladenöffnungsverbot im letzten Jahr waren die Innenstädte gespenstisch leer. Diese Beobachtung machte auch Karlotta Wigger in ihrer Heimatstadt Ahaus. Die ehemalige Studentin der FH Münster musste wegen Corona frühzeitig ihr Auslandssemester in Dublin beenden und lieferte – zurück in Ahaus – temporär für ein Büchergeschäft lokale Bestellungen mit dem Fahrrad aus. „Beim Fahren durch die leere Innenstadt, ist mir aufgefallen, dass die Geschäftsleute mit unterschiedlichen Strategien auf die Krise reagiert haben. Ich habe mich gefragt: Welche Faktoren führen zum Erfolg während der Pandemie?“ Damit war spontan die Idee für ihre Abschlussarbeit geboren: Eine Studie zu den Auswirkungen der Coronapandemie auf die Vertriebskanäle des stationären Einzelhandels am Beispiel der Stadt Ahaus. Für ihre Bachelorarbeit im internationalen European Business Programme (EBP) am Fachbereich Wirtschaft der FH Münster, der Münster School of Business (MSB), erhielt die 21-Jährige kürzlich den Hochschulpreis.

Für ihre Studie hat die Absolventin qualitative und quantitative (Online-)Interviews mit Expert*innen und Einzelhändler*innen in Ahaus geführt. Ihr Kernergebnis: Die Händler*innen, die aktiv und flexibel auf die Schließungen reagiert haben und die auch während des Lockdowns mit ihren Kund*innen im Kontakt waren – sei es telefonisch oder online –, waren erfolgreicher als diejenigen, die eher passiv reagiert haben. Damit konnten die aktiven Händler*innen ihre Umsatzeinbußen teilweise um bis zu 70 Prozent ersetzen. Ob es ein Geheimrezept für alle Geschäfte gibt, um erfolgreich durch die Krise zu kommen? „Nein“, sagt Wigger, „die Zielgruppen der einzelnen Läden sind so unterschiedlich, dass es kein Patentrezept für alle gibt – jeder muss seine eigene individuelle und passende Strategie finden.“ Für manche Läden sei es wichtiger auf Social Media präsent zu sein, für andere sei das Angebot unterschiedlicher Customer Touchpoints bei der Warenübergabe zentral. Ihr Rat für Einzelhändler*innen, die von der Krise betroffen sind: „Es ist empfehlenswert, überhaupt Maßnahmen zu ergreifen – auch auf die Gefahr hin, Fehler zu machen und mit Teilprojekten zu scheitern –, als den Strukturwandel der Branche nicht mitzugestalten und somit von der Konkurrenz abgehängt zu werden.“

„Durch die Pandemie waren die Einzelhändler*innen gezwungen, neu zu denken. Viele Geschäfte, die zuvor nur auf den Offline-Handel gesetzt hatten, sind in der Coronakrise auf digitale Plattformen, wie Online-Shops oder Social Media, umgestiegen.“ Durch dieses Umdenken haben einige Geschäfte ihre Resilienz und damit zukünftig ihre Überlebensfähigkeit gestärkt, ist sich Wigger sicher. Dies sei insbesondere in Anbetracht des aktuellen Strukturwandels in der Branche sehr wichtig. „Die Coronakrise hat das beschleunigt, was längst überfällig war: die Digitalisierung“, zieht die Absolventin als Fazit. Denn auch ohne Corona werde der Online-Handel immer wichtiger, sagt Wigger, und zitiert eine Studie, die besagt, dass im stationären Handel in Deutschland bis 2025 etwa 36.000 Geschäfte schließen. „Die Coronapandemie war für alle eine Extremsituation, aber sie hat auch gezeigt, wer für zukünftige Herausforderungen gewappnet ist.“

Wie man den digitalen Wandel im Einzelhandel erfolgreich meistern kann, hat die ehemalige Studentin beim Ahausener Wirtschaftstreffen pushcon – Zukunft.Macher.Treffen geschildert und konnte vor vielen interessierten Einzelhändler*innen über die Ergebnisse ihrer Bachelorarbeit sprechen. „Ich fand es sehr spannend zu diskutieren, wie sich der Einzelhandel zukunftsfähig verändern kann und hoffe, dass ich einige Impulse und Denkanstöße geben konnte.“

Momentan reist Wigger mit einem umgebauten Camping-Bulli durch Europa. Seit Mai ist sie in Portugal unterwegs, von wo aus sie auch an der Feierstunde „Ausgezeichnet.“ teilgenommen hat. Mitte August geht die Reise wieder zurück – allerdings nur mit einem kurzen Zwischenstopp in Ahaus –, denn ab September startet die 21-Jährige ihr Masterstudium International Management an der Bocconi University in Mailand. „Ich freue mich schon sehr auf den neuen Lebensabschnitt und das Studium in Italien.“

Zum Thema: Gerade einmal ein Prozent aller Absolvent*innen eines Jahrgangs erhält ihn: den Hochschulpreis. Jedes Jahr kürt das Präsidium gemeinsam mit der Gesellschaft der Freunde der FH Münster e. V. (gdf) auf Vorschlag der Fachbereiche die besten Abschlussarbeiten. Zu den Preisträger*innen des Hochschulpreises 2021 für die besten Arbeiten aus 2020 gehört auch Karlotta Wigger vom Fachbereich Wirtschaft, der Münster School of Business (MSB). Erstprüfer war Prof. Dr. Ulrich Balz. Eine vollständige Übersicht aller gewürdigten Absolvent*innen ist im Jahresbericht 2020 ab Seite 54 abrufbar: fhms.eu/jahresbericht-20.




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