Foto: Prof. Buchholz

Herr Prof. Buchholz, Sie waren im Februar auf der von der Universität Bremen veranstalteten "9th International Conference on Dynamics in Logistics" (LIDC) für einen Vortrag eingeladen. Was genau haben Sie dort präsentiert?

Buchholz: Mein Vortrag trug den Titel "Supply chain resilience navigator - How to achieve a resilient supply chain". Ich habe dort ein Instrument vorgestellt, das es Unternehmen ermöglicht, Maßnahmen zur Erzielung einer resilienten, also widerstandsfähigeren, Supply Chain gezielt und systematisch auszuwählen.

Wie genau sieht dieses Instrument aus und wie können Unternehmen davon profitieren?

Buchholz: Der SC Resilienz-Navigator bietet Unternehmen eine Checkliste mit einem Maßnahmenkatalog, mit deren Hilfe Unternehmen Schwachstellen in der Lieferkette identifizieren und Empfehlungen zur deren Verbesserung ableiten können, um sie resilienter gegen Störungen zu machen. Die Maßnahmen erfolgen in den beiden Bereiche Lieferanten- und Risikomanagement.

Zunächst sollten im Unternehmen aber Grundprinzipien verinnerlich werden, um ein gemeinsames Verständnis für die Anwendung der SC Resilienz Navigators zu schaffen. Dieses gemeinsame Grundverständnis fußt auf vier Prinzipien der SC-Resilienz. Im Unternehmen sollte eine Risikokultur (1) verankert sein, das heißt alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter entwickeln ein Bewusstsein bzw. eine Sensibilität für Risiken und setzen sich mit ihnen proaktiv auseinander. Nur mit einer ausgeprägten Bereitschaft zur Kollaboration (2) kann Widerstandsfähigkeit erreicht werden. An dritter Stelle ist Agilität (3) erforderlich, das heißt, ein Unternehmen muss sowohl mit Situationen umgehen können, die Stabilität erfordern, als auch mit solchen, die Flexibilität verlangen. Schließlich bedeutet das vierte Prinzip Transparenz (4), dass Unternehmen einen guten Einblick in die Prozesse von Lieferanten haben und auch bereit sind eigene Daten mit anderen auszutauschen bzw. diese verfügbar zu machen.

Könnten Sie ein Beispiel für konkrete Maßnahmen zur Erreichung einer resilienten Lieferkette geben?

Buchholz: Sowohl im Bereich Lieferanten- als auch im Risikomanagement werden jeweils fünf Handlungsfelder definiert. Im Bereich Lieferantenmanagement gibt es zum Beispiel das Handlungsfeld "Regionale Multiple Sourcing-Strategie". Hierzu gehören dann neben anderen die folgenden vier Handlungsempfehlungen: (1) Analysieren Sie die geografische Lage von Lieferanten, die ähnliches Material liefern. (2) Identifizieren Sie Materialien, die von einer einzigen Bezugsquelle beschafft werden. (3) Nutzen Sie Near-Shoring, überspringen Sie ggf. Handelsstufen und kaufen Sie bei regionalen Lieferanten. (4) Analysieren Sie die Möglichkeiten einer Inhouse-Produktion.

 

Wie haben Sie dieses Instrument entwickelt?

Buchholz: Der SC Resilienz-Navigator basiert auf theoretischen und praktischen Erkenntnissen. Zum einen habe ich mich intensiv mit der aktuellen Literatur zum Thema SC-Resilienz beschäftigt. Hier habe ich auch studentische Bachelor- und Masterarbeiten als Fundus genutzt, die sich dem Thema mit unterschiedlichen Schwerpunkten genähert haben. Darüber hinaus sind aber auch Impulse aus der Praxis mit eingeflossen. Die Ausgangsbasis war ein Workshop mit Einkäufern eines großen Agrarmaschinenherstellers zum Umgang mit der Covid-Krise. In der Folge hatte ich weitere Kontakte zu Unternehmen, sei es in Projektform, über Vorträge oder Weiterbildungsveranstaltungen, die in die Entwicklung des Instruments eingeflossen sind

Prof. Dr. Wolfgang Buchholz lehrt Organisation und Logistik am Fachbereich Wirtschaft der FH Münster. (Foto: Patrick Lückmann)

Welches waren die zentralen Themen, die auf der LIDC diskutiert wurden?

Buchholz: Bemerkenswert fand ich, dass das Thema Humanitäre Logistik sowohl mit einer Keynote als auch in Einzelbeiträgen eine wichtige Rolle gespielt hat. Nachhaltigkeit, Dekarbonisierung (kohlenstofffreie Wirtschaft) und Green Logistics wurden ebenfalls in einer Keynote und in mehreren Sessions thematisiert. Schließlich gab es mehrere Sessions unter der Überschrift "Digitalisierung, Cyber-physische Systeme und Digitale Zwillinge" in denen innovative Lösungen zu diesen Themen präsentiert wurden.

Für mich hat sich gezeigt, dass wir mit unserem berufsbegleitenden Master-Programm Digital Supply Chain Management an der FH Münster am Puls der Zeit sind, da wir viele der angesprochenen Themenbereiche auch dort behandeln. In dem Programm vermitteln wir Fähigkeiten und bilden Fachkräfte aus für eine digitale Transformation der Lieferketten.

Wer sich für den Studiengang interessiert oder Fragen an Prof. Buchholz hat, kann an unseren Online-Infoveranstaltungen zum DigiSCM-Programm teilnehmen. Diese finden am 16. Mai und 20. Juni 2024 jeweils von 17 bis 18 Uhr statt.

Alle weiteren Informationen und den Einwahllink finden Interessierte hier: https://www.fh-muenster.de/de/msb/studium/master-digiscm.php

Die Anmeldung zum Auswahlverfahren ist vom 1. April bis 15. September 2024 möglich.

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