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Praxis als Berufung: Prof. Dr. Keun über die Anfänge des Fachbereichs Wirtschaft

Von Anfang an unterschieden sich die Fachschulen – wie Fachhochschulen vorher hießen – in ihrer praxisnahen Ausrichtung von Universitäten. Prof. Dr. Friedrich Keun hat die Etablierung der Fachhochschulen in der Hochschullandschaft selbst miterlebt: Der heute 87-Jährige berichtet von dem Beginn des Fachbereichs Wirtschaft der FH Münster.


September 1979: Die Studierenden des Fachbereichs Wirtschaft, die erstmals das neu eingeführte Praxissemester absolvierten, treffen sich zu einem Erfahrungsaustausch. (Foto: FH Münster/Archiv)

Prof. Dr. Friedrich Keun sitzt in seinem Sessel, im Hintergrund sieht man seine Bibliothek mit den gesammelten Werken – unter anderem aus der Betriebswirtschaft. An der Wand hängen kunstvoll gerahmte Bilder und in der Hand hält er stolz seine Dissertation. Er erzählt gerne von den Anfängen des Fachbereichs Wirtschaft an unserer Hochschule. War der nun 87-Jährige doch 25 Jahre lang Überzeugungstäter: Man merkt auch heute noch, dass sein Beruf auch seine Berufung war. Erfreut lächelt er bei der Erinnerung an den Beginn seiner Geschichte: „Ich habe 1973 als Hochschullehrer an der FH Münster angefangen, weil ich von der Praxis berichten wollte.“ Vorher hatte er unter anderem neun Jahre bei Beiersdorf gearbeitet und im Bereich Volkswirtschaft in Hamburg promoviert. „Ich finde mit dem Schritt, dass aus den Fachschulen für wirtschaftliche Betriebsführung, wie sie zum Teil vorher hießen, Fachhochschulen entstanden sind, haben diese zur Bildungsgerechtigkeit beigetragen.“ Denn hier hätten auch Menschen, die durch den familiären Hintergrund keinen Bezug zu Universitäten hatten oder die einfach nicht die Voraussetzungen für ein Studium an einer Universität mitbrachten, einen neuen Weg geebnet bekommen. „Die Studierenden, die damals anfingen, waren dankbar und wissenshungrig. Das eröffnete vielen jungen Menschen Aufstiegschancen, denn die Arbeitslosenquote unter den Akademikern ist noch immer die geringste. Bildung sichert Wohlstand.“

Er könne sich noch gut an die Anfänge in der Stephanusschule in Münster zurückerinnern. In den Baracken sei alles auf Schüler*innen ausgerichtet gewesen – mit Kinderstühlen und Tafeln – und im Sommer sei es dort unerträglich heiß gewesen. „Die FH steckte noch in den Kinderschuhen.“ Angefangen hat alles mit mehreren Klassenräumen voller Studierenden und ungefähr zehn Lehrenden und einer Vollzeitsekretärin, die Gründungsdekan Dr. Gerhard Dabrowski zur Seite standen.

Heute starten in jedem Wintersemester über 500 Studierende am Fachbereich Wirtschaft, der heute Münster School of Business (MSB) heißt, und es gibt rund 50 Professor*innen und rund 25 administrative Mitarbeiter*innen. Schnell bildeten sich auch Fachbereichsrat und Prüfungsamt, die natürlich bis heute bestehen. Lange musste Keun nicht in der Baracke unterrichten. Noch 1973 wurde das Fachhochschulzentrum (FHZ) gebaut. „Das sollte ein Provisorium sein“, berichtet der Emeritus. Nichtsdestotrotz findet dort auch heute noch, nach aufwendigen Modernisierungen, die Lehre in den Gebäuden des FHZs statt. Schnell wurde ein freiwilliges Praxissemester fest im Curriculum verankert. Keun: „Die Praxisausrichtung hat an FHs eine lange und wichtige Tradition.“ Auch erinnert er sich daran, dass er damals der Bibliothek des Fachbereichs mit praxisnaher Lektüre ausgeholfen hat. „Ich lebte damals bei Hamburg und habe in einer großen Buchhandlung geschaut, welche Bücher die im Bereich BWL hatten, und die habe ich ausgewählt und nach Münster geschickt“, schmunzelt er. Heute stehen in den Bereichsbibliotheken der FH Münster insgesamt 254.736 gedruckte Exemplare zur Verfügung – davon 70.093 Exemplare im FHZ.

 
Prof. Dr. Friedrich Keun hat die Etablierung der Fachhochschulen in der deutschen Hochschullandschaft selbst miterlebt. (Foto: FH Münster/Milana Mohr)

„Ansonsten habe ich in meiner Zeit an der Hochschule und auch als Dekan Folgendes gelernt: Ein Drittel ist immer dagegen. Wenn man es schafft, dieses Drittel von der eigenen Idee zu begeistern, dann kann man so einiges umsetzen.“ So schaffte Keun es auch als Dekan gemeinsam mit Prof. Dr. Klaus Rother, den Deutsch-Lateinamerikanischen Studiengang Betriebswirtschaft (kurz CALA), gegen einige Widerstände auf den Weg zu bringen. 1999 startete nach dem erfolgreichen Vorbild, dem European Business Programme (EBP – Start 1981), der zweite internationale Studiengang mit Doppelabschluss – zunächst in Kooperation mit der Universidad Pontificia Bolivariana (UPB) und der Universidad La Sabana (ULS) in Kolumbien. „Wir wollten nicht nur den Austausch mit Europa, wir wollten ihn mit der ganzen Welt. Das hat uns auch in den Rankings gute Aufmerksamkeit gebracht“, sagt Keun.

Auch erinnert er sich an die ersten Unternehmenskooperationen mit Beiersdorf und BASF zurück. „Im Wesentlichen ging es zunächst darum, gute Fachkräfte zur Verfügung zu stellen.“ Er habe damals die Studierenden betreut, die ein freiwilliges Praxissemester gemacht haben. „Hinterher gab es immer bei Kaffee und Keksen einen Austausch mit den Studierenden und den Unternehmen, wo auch die Industrie- und Handelskammer häufig dabei war.“ Daraus wuchs dann auch die eine oder andere Zusammenarbeit für ein Praxisprojekt. Keun erinnert sich zurück, dass er 1983 mit einer Gruppe von Studierenden zum Thema Wirtschaftlichkeit von Windkraftanlagen ein interdisziplinäres Projekt mit dem Fachbereich Elektrotechnik durchgeführt hat. „Dabei haben sich die technischen Studierenden so eingearbeitet, dass sie eigene kleine Windräder gebaut haben.“ Der Auftrag dafür kam von der Landesregierung Nordrhein-Westfalen. „Die Dänen waren besser als wir, aber die ganze Technik kam aus Deutschland und da haben wir gedacht, warum sollen wir das nicht selber machen? Da waren wir Vorreiter an der FH Münster. Das Schlagwort Nachhaltigkeit kannte man damals noch nicht, aber es gibt eben auch Projekte, die ihrer Zeit voraus sind.“

Auch in puncto Computer-Technik war Keun früh dran: „Ich war einer der ersten am Fachbereich, der einen PC hatte. Andere waren skeptisch, außer Professor Wiese, und meinten, diese Technik würde sich nie durchsetzen und das sei nur Spielzeug“, lacht er bei der Erinnerung daran. Schließlich wurden PC-Pools eingerichtet und erste Programme für Unternehmen – etwa ein Kalkulationssystem – entwickelt. Der Einzug der Technik begann.

„Ich bin froh, dass ich an einer Fachhochschule lehren konnte und den direkten Austausch mit kleinen Studierendengruppen und Unternehmen erleben durfte. Ich selber bin mit 1.200 Studierenden ins Studium an der Uni gestartet.“ Keun hat unsere Hochschule lange begleitet und sagt ihr nun auch eine gute Zukunft voraus: „Indem wir praxisorientiert bleiben, in kleinen Gruppen lehren, unsere Internationalität – beispielsweise mit ausländischen Dozierenden – ausbauen, uns weiterhin akkreditieren, die Durchlässigkeit erhöhen, Bildungsgerechtigkeit leben und auch Aufstiegschancen für nichtakademische Familien bieten, sind wir gut aufgestellt. Dieses Konzept funktioniert auch noch viele Jahre.“

Von Milana Mohr

 

 

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