Dipl.-Ing. Alla Imping (geb. Kast)

Diplomprüfung: 10/2000
Viele kommunale Kläranlagen mit Stickstoff- und Phosphorelimination leiden unter dem periodischen Auftreten von Schäumen und fädigem Schwimmschlamm auf Belebungs- und Nachklärbecken. Obwohl die Reinigungsleistung der betroffenen Kläranlagen weiterhin gut ist, führt die Flotation des Schlammes oftmals zu Beeinträchtigungen des Betriebes. Im Rahmen dieser Arbeit sollten die Ursachen und Bekämpfungsmöglichkeiten von Schwimmschlamm am Beispiel einer kommunalen Kläranlage erörtert werden. Die Untersuchungen erfolgten durch mikroskopische Betrachtungen des Schwimmschlamms und der gefärbten Präparate nach Gram und Neisser. Um die Wirksamkeit der Bekämpfungsmöglichkeiten zu überprüfen wurden im Anschluss Becherglasversuche durchgeführt.
Die Flotation des belebten Schlammes, die zur Bildung einer Schwimmschlammdecke führt, wird durch das massenhafte Auftreten von fadenförmigen Bakterien hervorgerufen. Durch die niedrigen Substratkonzentrationen nährstoffeliminierender Anlagen erhalten fadenförmige Bakterien Wachstumsvorteile gegenüber den, bei diesem Reinigungsverfahren gewünschten, flockenbildenden Bakterien.

Zur Zeit sind ca. 30 verschiedene fadenbildende Mikroorganismen bekannt, die sowohl Schwimmschlamm- als auch Blähschlammereignisse hervorrufen können. Die mikroskopische Schlammanalyse ist unerlässlich, um die Anwesenheit der beteiligten fadenbildenden Bakterien festzustellen und sie aufgrund von Färbetests nach dem Eikelboom´schen Bestimmungsschlüssel zu identifizieren. Grob lassen sich fadenförmige Mikroorganismen in drei Gruppen einteilen, in Schwefelbakterien, gram-negative Bakterien aus Hochlastanlagen und gram-positive Bakterien aus Niedriglastanlagen. Während früher bei Bläh- und Schwimmschlammereignissen hauptsächlich an hohe Belastungen angepasste Fäden gefunden wurden, treten heute durch die gestiegenen Anforderungen an die Reinigungsleistung biologischer Kläranlagen, an niedrige Belastungen angepasste Fäden in den Vordergrund. Als häufigster Fadenbildner im belebten Schlamm kommunaler Anlagen mit Nährstoffelimination ist das Bakterium Microthrix parvicella identifiziert worden.

Microthrix parvicella, ein ungewöhnliches Mitglied des Actinomyceten Stammes ist ein aerober Organismus mit einer hohen Affinität zu Sauerstoff. Das Bakterium bevorzugt niedrige Temperaturen bei einem pH-Optimum um 8. Auf die Anwesenheit von Microthrix parvicella wirken langkettige Fettsäuren, reduzierte Stickstoff- und Schwefelverbindungen und eine niedrige Schlammbelastung mit relativ hohem Schlammalter selektierend.
Die Einrichtung von aeroben, anaeroben und anoxischen Kontaktzonen (Selektoren) kann Microthrix parvicella eindämmen, aber nicht ganz aus dem System verbannen (Kapitel 2.3.4). Die wichtigste Bekämpfungsmaßnahme ist die vollständige Entfernung des Schwimmschlammes aus dem Schlammkreislauf und die Verringerung oberflächenberuhigter Zonen. Andere Bekämpfungsmaßnahmen, wie zum Beispiel die Fällung mit Aluminium- bzw. Eisensalzen, die Zugabe von Schichtsilikaten, Tensiden und Wasserstoffperoxid führen zu den unterschiedlichsten Ergebnissen und sollten in Becherglasversuchen vor dem Einsatz auf ihre Wirksamkeit überprüft werden.

Bei der untersuchten kommunalen Kläranlage tritt der Schwimmschlamm bereits seit 16 Jahren auf. Es handelt sich um eine nährstoffeliminierende Kläranlage, bestehend aus einem alten und einem neuen Anlagenteil, der auf dem patentierten Krüger-Hölter-Bio-Denipho-Verfahren basiert.
Die mikroskopische Untersuchung des vorhandenen Schwimmschlammes zeigte ein massenhaftes Wachstum von Fäden. Gram- und Neisserfärbetests verliefen positiv. Anhand des Eikelboom´schen Bestimmungsschlüssels konnte somit Microthrix parvicella eindeutig als Schwimmschlammverursachendes Fadenbakterium identifiziert werden. Bei den anschließenden Becherglasversuchen wurde je ein Liter Belebtschlammprobe aus dem Belebungsbecken mit Aluminiumsalzen, Wasserstoffperoxid, Eisensalzen und Polyaluminiumhydroxidchlorid versetzt. Es zeigte sich, dass nur die Aluminiumverbindungen zu einem besseren Absetzen des Schlammes beitrugen. Wasserstoffperoxid und Eisensalze verstärkten die Flotation des Schlammes. Die von Mitte April bis Anfang Juni aufgenommenen Messdaten der Belebungs- und Nachklärbecken, geben die Temperaturabhängigkeit von Microthrix parvicella wieder. Mit steigender Temperatur nahm die Dicke der Schwimmschlammschicht beständig ab, ab 18 °C war kaum noch Schwimmschlamm auf dem Nachklärbecken vorhanden.

Obwohl sich die Dosierung von aluminiumhaltigen Produkten als Bekämpfungsmöglichkeit, gegen den von Microthrix parvicella verursachten Schwimmschlamm, bewährt hat, stellt sich die Frage nach der Wirtschaftlichkeit. Aus diesem Grund sollten anschließend an diese Arbeit Versuche zur Einführung eines Selektors erfolgen, um dem Schwimmschlammproblem langfristig durch bauliche Veränderungen zu begegnen.
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