Dipl.-Ing. (FH) Simon Prinz

Diplomprüfung: 08/2008

In zahlreichen Studien der letzten Jahre wurde ermittelt, dass die so genannten „Mikroverunreinigungen“ oder auch „Spurenstoffe“ in der gesamten aquatischen Umwelt anzutreffen sind. In Abbildung 1 kann dieses anhand einer Untersuchung des Stoffes Carbamazepin (Antiepileptikum) durch das Bayerische Landesamt für Umwelt dargestellt werden

 Probenart

 Typischer Konzentrationsbereich in µg/l
 Kläranlagenablauf
0,5-2,5
 Oberflächengewässer
0,05-0,15
 Uferfiltratbeeinflusstes Grund-/Trinkwasser
0,01-0,03

Abb. 1: Carbamazepin in verschiedenen Wässern in Bayern

Die Auswirkungen der Mikroverunreinigungen auf die Umwelt sind noch nicht vollständig geklärt. Jedoch kann man sagen, dass die Anwesenheit dieser Substanzen kritisch zu betrachten ist, weil verschiedene Beispiele zeigen, welche Wirkung diese Stoffe besitzen. Am Beispiel des Ethinylestradiol („Antibabypille") wird deutlich, dass bereits ab einer Konzentration von 0,1 ng/l ein Anstieg von Vittellogenin bei männlichen Forellen zu verzeichnen ist. Das Vittellogenin ist allerdings ein Dottervorläuferprotein für heranreifende Eier bei weiblichen Forellen. Diesbezüglich kann in diesem Fall von einer östrogenen Wirkung ausgegangen werden.

Im Hinblick u. a. dieser Problematik befasst sich meine Diplomarbeit mit der Elimination von Mikroverunreinigungen aus dem Ablauf einer kommunalen Kläranlage durch den Einsatz von Pulveraktivkohle (PAC).

Alle Mikroverunreinigungen werden von dem Menschen in die Umwelt eingetragen. Die analysierten Größenordnungen dieser Stoffe liegen im Bereich Mikrogramm (µg/l) bzw. Nanogramm (ng/l) pro Liter. Zu diesen Substanzen zählen Pharmaka, Personal-Care-Produkte (Körperpflegeprodukte), Röntgenkontrastmittel, Pflanzenschutzmittel, Desinfektionsmittel, Östrogene usw. Nach aktuellem Kenntnissstand sind Kläranlagen die Hauptemittenten dieser Spurenstoffe in die Umwelt. Derzeit gibt es noch keine Grenzwerte, jedoch wird die Erfordernis zur Elimination dieser Stoffe aus der aquatischen Umwelt durch die EU-Wasserrahmenrichtlinie (EU-WRRL) verdeutlicht.

Aktivkohle ist ein hochporöses Material mit einer großen inneren Oberfläche und hat den entscheidenen Vorteil gegenüber anderen Adsorbentien, dass man mit dem Einsatz von Aktivkohle unterschiedliche Substanzen gleichzeitig aus dem Abwasserstrom entfernen kann. Man unterscheidet zwei Arten von Aktivkohle, die Kornkohle (Einsatz in Filtern bzw. Adsorbern) und die Pulveraktivkohle (Dosierung in den Abwasserstrom). Die Pulveraktivkohle wird als wässerige Suspension dem Abwasserstrom über eine Dosieranlage dazugegeben. Eine Kontaktzeit von 10-30 Minuten ist i.d.R.ausreichend um eine 90 %ige Annäherung der Mikroverunreinigungen an das Adsorptionsgleichgewicht zu erreichen. Die Abbildung 2 zeigt, eine prozentuale Elimination unterschiedlicher Arzneimittelwirkstoffe aufgrund der Zugabe von 10 mg/l Pulveraktivkohle. Man kann erkennen, dass eine mittlere Entnahme von 80 % je Wirkstoff gegeben ist. Dieses Ergebnis zeigt, dass die Spurenstoffe in ihrer Konzentration gut durch eine Aktivkohle-Adsorption verrin­gert werden können.

Für einen Praxisbezug wurde im Rahmen dieser Diplomarbeit eine theoretische Einbindung einer PAC-Adsorption auf der Kläranlage Coesfeld vorgenommen, um zu verdeutlichen welche Punkte für eine Nachrüstung zu beachten sind. In Abbildung 3 wird die Einbindung der PAC-Adsorption schematisch dargestellt. Die PAC sollte in den Kläranlagenablauf dosiert werden, um eine konkurrierende Beladung zu minimieren. Nach einer Kontaktzeit von 30 Minuten kann die beladene Kohle über eine Flockungsfiltration abgetrennt werden. Die Kontaktzeit wird über ein Kontaktbecken realisiert, hierfür wurden zwei Varianten entwickelt, ein Neubau und eine Umrüstung eines Schlammsilos.

 

Abb. 2: Elimination unterschiedlicher Wirkstoffe
Abb. 2: Elimination unterschiedlicher Wirkstoffe
Abb. 3: Ausbaukonzept Kläranlage Coesfeld
Um die Anwesenheit von Rückständen pharmazeutischer Wirkstoffe im Coesfelder Abwasser zu bestimmen, wurde eine Abwasseruntersuchung über das IWW Rheinisch-Westfälische Institut für Wasser durchgeführt. Das Ergebnis zeigt, dass auch im Coesfelder Abwasser Konzentrationen von Arzneimitteln enthalten sind. Bei zwei Parametern konnte man eine übereinstimmende Tendenz mit anderen Kläranlagen in Deutschland feststellen. Diese Untersuchung dient als Orientierung und es ist zu erwarten, dass diese Situation höchstwahrscheinlich nicht anders auf anderen kommunalen Kläranlagen der Bundesrepu­blik Deutschland vorzufinden ist.

Abschließend wurde noch eine Wirtschaftlichkeitsbetrachtung unter Berücksichtigung der Förderrichtlinien NRW und dem Abwasserabgabengesetz durchgeführt. In der daraus resultierenden Kostenschätzung kann eine Adsorptionsstufe zum „Nulltarif" gebaut werden.

Sollte in Zukunft nun gefordert werden, die Mikroverunreinigungen auf den Kläranlagen zu reduzieren, so ist die Pulveraktivkohleadsorption ein Verfahren zur Bewältigung dieser Forderung. Um gegebenenfalls eine weitere Reduzierung des Rest-CSB zu realisieren und damit die Abwasserabgabe zu minimieren, ist die Technik auch heute schon interessant. Folglich kann durch eine PAC-Adsorptionsstufe eine Elimination der Mikroverunreinigungen und des Rest-CSB kombiniert werden und dies zu sozialverträglichen Konditionen.

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