Thermische Behandlung von Katalysatoren und Partikelfiltern. Entwicklung eines neuen Anlagemodells für einen modularen Versuchstrocknerofen

Automobil-Abgaskatalysatoren und Partikelfilter werden heute in sämtliche Neufahrzeuge verbaut.

Ca. 90% des Katalysatorenmarktes teilen sich die Unternehmen

  • Johnson Matthey (London, Großbritannien),
  • BASF Catalysts LLC (Iselin, New Jersey, USA) und
  • Umicore (Brüssel, Belgien).

Zum Herstellungsprozess der Auto-Katalysatoren gehört unter anderem der Beschichtungsprozess, bei dem der eigentliche Katalysator (siehe Bild 2) auf einen keramischen Grundkörper zunächst als wässrige Mischung („Washcoat") aufgebracht und dann in einem aufwändigen thermischen Prozess in den endgültigen Zustand überführt wird.

Im Herstellungsprozess durchlaufen die beschichteten Katalysatoren bzw. Partikelfilter Trockner- und  Ofenstraßen mit bis zu 27 Einzelstationen. Typische Durchlaufzeiten liegen derzeit bei der Trocknung bei 1 bis 35 Min und bei der Kalzinierung bei 60 bis 120 Min. Es werden Spitzentemperaturen bis zu 600°C erreicht. Die Gesamtanschlussleistung der thermischen Behandlungsanlagen kann hierbei ohne weiteres Werte von 1,5 MW erreichen.

Die bisher eingesetzten Ofenprozesse (siehe auch Bild 2) wurden in Zusammenarbeit der Katalysatorenhersteller und der Anlagenbauer empirisch entwickelt. Maßgebliches Kriterium war hierbei nicht die Entwicklung eines für die Katalysatoren und Partikelfilter bzw. die Anlagenbetreiber energetisch optimalen Prozesses. Die Katalysatorenhersteller wählten vielmehr ein empirisches Auslegungskriterium. Für die Beströmung wurde als Bedingung eine Strömungsgeschwindigkeit von 3-17m/s im freien Querschnitt des Ofens gefordert, bei der davon ausgegangen wurde, dass die Trocknungs- und Kalzinierungsprozesse nach einem vollständigen Ofendurchlauf auch im Inneren der Wabenkörper vollständig abgeschlossen sind. Ein deutlich zu hoher Energieverbrauch sowie zu große Anlagen wurden indirekt in Kauf genommen.

Die konventionelle Technologie ist vergleichsweise einfach, in der Zwischenzeit an vielen Stellen weltweit (Deutschland, Mazedonien, Südkorea, Südafrika, Polen, England) installiert und auch den internationalen Marktbegleitern gut bekannt. Ein Großteil der konkurrierenden Anbieter hat ihren Sitz in Niedriglohnländern, wodurch Münstermann GmbH&Co.KG mit der Komplettfertigung in Deutschland einem hohen Preisdruck ausgesetzt ist. Katalysatoren-Fertigungsanlagen in China werden bereits heute mit chinesischer Technologie ausgestattet. Erste Anlagen asiatischer Anbieter wurden bereits im europäischen Raum, unter anderem in Polen installiert.

Im vorgelegten Forschungsprojekt soll deshalb ein grundlegend neuer strömungstechnischer Ansatz  entwickelt werden, der den Katalysatoren und Partikelfiltern auch bei unterschiedlichen Bauteilgeometrien ein für die Durchströmung der Kapillaren optimal aufbereitetes Zu- und Abstromfeld zur Verfügung stellt, eine hohe Durchströmung erreicht und gleichzeitig mit niedrigen Bypassvolumenströmen arbeitet.

Das neue Beströmungsverfahren soll den Aufbau kleiner und effizienter Anlagen mit niedrigen Bau- und Betriebskosten möglich machen. Ein deutlicher Innovationsvorsprung gegenüber der internationalen Konkurrenz soll herausgearbeitet, die Technologieführerschaft und letztlich die damit verbundenen Arbeitsplätze sollen gesichert und ausgebaut werden. Sehr vielversprechende Voruntersuchungen des Antragstellers deuten auf erhebliche Potenziale in Bezug auf Baugrößen sowie Betriebskosten hin (s.u.).

Um als Global Player auf dem weltweiten Markt konkurrenzfähig zu bleiben, möchte die B. Münstermann GmbH&Co.KG gemeinsam mit der FH Münster mit Unterstützung der Qualitätssicherung der Katalysatorenhersteller die Grenzen des Verfahrensprozesses ausloten, um in der Lage zu sein, zukünftig Energieoptimale und leistungsstarke Prozesse bereitzustellen. Wenn die im Projekt geplanten Neuerungen nicht greifen oder unwirksam sind, verliert Münstermann auf Dauer den Know-How-Vorteil gegenüber den Marktbegleitern und muss sich dem Preisdruck geschlagen geben. Dies hätte einen stark degressiven Umsatz und den Verlust von Arbeitsplätzen zur Folge.

Parallel soll bei Münstermann mit Hilfe des Projektes ein erster Schritt zum Aufbau einer eigenständigen F&E-Abteilung unternommen werden. Abweichend von der bisher üblichen Vorgehensweise in Entwicklungsprojekten, die vorrangig das Ziel verfolgte, vom Kunden definierte Spezifikationen einzuhalten bzw. zu erreichen, soll das F&E-Projekt dazu beitragen, im Hause Münstermann eine neue Herangehensweise zu etablieren und die vorhandene Wissensbasis zu vergleichbaren Fragestellungen deutlich zu verbreitern.

Im oben angesprochenen Wärmebehandlungsprozess wird dem getränkten Wabenkörper (Monolith) in einem Trockner zunächst die Flüssigkeit (Wasser) ausgetrieben. Anschließend wird die Beschichtung in einem Ofen kalziniert. Der gesamte Beschichtungsprozess wird durch die Vorgänge in den Kapillaren dominiert, in denen der Kalzinierungsprozess vollständig abgeschlossen sein muss.

In den bisher gebräuchlichen, rein empirisch entwickelten Ofenprozessen wurde der Wärmehaushalt der Katalysatoren nicht im Detail betrachtet. Die für eine optimale Wärmebehandlung der Katalysatoren erforderlichen thermischen Bedingungen (max. Aufheizraten, max. erlaubte Strömungsgeschwindigkeiten in den Kapillaren für optimale Beschichtung, Temperaturhaltezeiten, mögliche Schädigungen durch zu hohe Aufheizraten) sind nicht bekannt und wurden überschlägig festgelegt.

Die überwiegende Mehrzahl der Katalysatorenhersteller wählt als empirisches Auslegungskriterium für die Beströmung eine Strömungsgeschwindigkeit von beispielsweise 3-17m/s im freien Querschnitt des Ofens. Die für den thermischen Prozess relevante Strömungsgeschwindigkeit im Keramikkörper ist jedoch unbekannt und nicht spezifiziert. Bei den genannten Umströmungsgeschwindigkeiten wird davon ausgegangen, dass alle Kapillaren ausreichend durchströmt werden.

Direkte Folgen sind...

  • ein hoher Bypassvolumenstrom an den umströmten Katalysatoren vorbei, der nicht zum thermischen Behandlungsprozess beiträgt, dessen Bereitstellung aber eine erhebliche Ventilatorleistung erfordert (vgl. Bild 1), d.h.
  • hohe Strömungsverluste,
  • deutlich zu lange Aufheizphasen und
  • nur geringe und zudem stark ungleich verteilte Strömungsgeschwindigkeiten in den Kapillaren.

Um eine hohe Produktqualität zu erreichen, muss sichergestellt werden, dass der Wärmebehandlungsprozess in allen Kapillaren vollständig abgeschlossen ist. Ist die Durchströmung des Wabenkörpers ungleichmäßig, dominieren die am schlechtesten durchströmten Kapillaren den Prozess. Die Prozesszeit erhöht sich. Es resultiert ein deutlich zu hoher Gesamtenergiebedarf der Öfen.

In der Regel setzen die Katalysatorhersteller für alle verschiedenen Bauteilgrößen dieselbe Anlage zur thermischen Behandlung ein. Nur in Einzelfällen werden Maßnahmen zur Abdeckung der verbleibenden, nicht vom Katalysator bedeckten Gurtfläche getroffen. Dies ist jedoch anlagentechnisch aufwändig und teuer, da die Abdeckungen mit Hilfe einer zusätzlichen Logistik dem Förderband zugeführt werden müssen und man sich auf eine feste Bauteilgröße beschränken muss, weshalb dieser Weg nur in Ausnahmefällen beschritten wird.

 

Das Gesamtziel des beantragten Forschungsprojektes ist die Entwicklung einer für die Wärmebehandlung von Autoabgaskatalysatoren und Dieselpartikelfiltern (siehe auch Bild 3) optimalen Prozesstechnik, mit deren Hilfe es möglich werden soll, bei sehr guter Produktqualität

  • einen optimal an die Wabenkörper angepassten und sicheren Prozess mit niedrigen Ausschussraten bereitzustellen,
  • die Durchsatzleistung der Öfen durch auf die jeweiligen Produkte maßgeschneiderte, optimale Aufheizraten an den Wabenkörpern gegenüber herkömmlichen Anlagen deutlich anzuheben,
  • Ofenstraßen bei gleichbleibender Durchsatzleistung sehr kurz zu bauen und auf diesem Weg niedrige Investitions- sowie Energiekosten zu realisieren
  • bestehende Altanlagen technologisch so nachzurüsten, dass auch hier die Durchsatzleistung deutlich angehoben bzw. Energie eingespart werden kann.

Dies soll erreicht werden durch die Entwicklung einer neuen, auf die Produkte maßgeschneiderten  Beströmungstechnik, die

  • die hohen Bypassvolumenströme den Durchsätzen in den Wabenkörpern angleicht,
  • innerhalb der Wabenkörper gleichmäßige, thermisch optimale Bedingungen schafft und dadurch
  • im Vergleich zu konventionellen Anlagen kurze Prozesszeiten bzw. hohe Durchsätze ermöglicht.

Um diese Ziele zu erreichen, sind als Maßnahmen geplant:

  • In einer eingehenden theoretisch/experimentellen Grundsatzuntersuchung soll die Physik der beheizten kapillaren Strömung und des beströmungsabhängigen Aufheiz- und Trocknungsvorgangs an den Wabenkörpern sowohl an der Einzelkapillare als auch am Kapillarverbund untersucht werden.
  • Beim Industriepartner Münstermann soll ein beheizbarer Druckverlustprüfstand für Temperaturen bis ca. 200°C neu entwickelt und aufgebaut werden, mit dem zum einen die Druckverlustkennlinien von Probekörpern unterschiedlicher Geometrie ermittelt werden können, zum anderen detaillierte Analysen der Strömungszustände an den Probekörpern (Vermessung der zeit- und beströmungsabhängigen Geschwindigkeitsprofile, Temperaturverteilungen etc.) möglich werden.
  • An der FH Münster werden begleitende Simulationsrechnungen durchgeführt sowie hierfür erforderliche Messtechnik zur quantitativen Bestimmung kapillaren Temperaturen und Geschwindigkeiten entwickelt.
  • Bei Münstermann wird ein neuer, modularer und variabel umbaubarer Versuchstrockner/-ofen bis 600°C entworfen und aufgebaut, an dem dann durch Qualitätsanalysen der Katalysatorhersteller erstmals die für den Herstellungsprozess optimale Wärmebehandlung (Strömungsgeschwindigkeiten, Temperaturen, Temperaturhaltezeiten) im 1:1-Maßstab untersucht und festgelegt werden.
  • Von Münstermann (theoretisch/simulativ begleitet durch die FH Münster) werden an diesem Versuchstrockner/-ofen Maßnahmen entwickelt und getestet, die sicherstellen, dass Probekörper unterschiedlicher Größe im später vermarkteten Zielofen auch ohne Maskierung/Abdeckung der freien Förderbandflächen bei geringen Bypassvolumenströmen vollständig und gleichmäßig durchströmt werden. Ideen hierzu sind beispielsweise anblasseitig positionierte, maßgeschneiderte Schlitzdüsengruppen, die im Rahmen des Projektes entwickelt werden und in der Regel ausblasseitig montierte, speziell adaptierte Lochbleche, evtl. auch in Kombination. Diese und weitere Maßnahmen sollen nach dem derzeitigen Stand des Wissens als erste eingehend auf ihre Tauglichkeit überprüft werden.

 

Projektleitung


Prof. Dr.-Ing. Hans-Arno Jantzen
Fachbereich Maschinenbau
Stegerwaldstraße 39
48565 Steinfurt
Tel: 02551 9-62743
Fax: 02551 9-62938

jantzenfh-muensterde

Mitarbeitende


  • Dipl.-Ing. Thomas Gensrich
  • Holger Czajka
  • Dipl.-Ing. Marion Leverink

Projektzeitraum


vom 01.03.2015 bis 01.02.2017

Kooperationspartner


  • Bernd Münstermann GmbH
    Lengericher Str. 22
    48291 Telgte

Finanzierung


  • BMWi - Zentrales Innovationsprogramm Mittelstand (ZIM)
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