Machbarkeitsstudie zur Integration einer Strohheizungsanlage in eine landwirtschaftliche Brennerei

Einleitung 

Eine Möglichkeit, den Einsatz fossiler Energieträger zu reduzieren und damit zu einer Emis­sionsreduktion (CO2) beizutragen, stellt der Einsatz erneuerbare Energieträger dar, von denen die Bio­masse eine wesentliche Rolle spielen wird.

Zur energetisch nutzbaren Biomasse zählen u.a. landwirtschaftliche Reststoffe. Dazu gehört auch das Stroh, das hauptsächlich als Koppelprodukt (Nebenprodukt) bei der Getreide- und Ölfruchterzeugung und heute auch in Form von Energiepflanzen anfällt. Nachdem die übliche Praxis der Verbrennung am Feld verboten wurde, existiert regional in der Land­wirtschaft das Problem, überschüssiges Getreidestroh zu entsorgen. Zwar wird es zum Teil verwertet (z. B. Verwendung als Einstreu, Einackerung, Verkauf in andere Regionen, ...), jedoch ist der Anteil gering. Die Problematik der verbotenen Verbrennung bzw. das langjäh­rige Verrotten von Strohhaufen am Feld ist allgemein bekannt. Aus diesem Zusammenhang heraus stellt sich also die Frage, ob man dieses Potential nicht besser nutzen sollte.

Auf der einen Seite also überschüssige Biomasse mit bestimmten Eigenschaften, auf der ande­ren Seite die globale Forderung zum vermehrten Einsatz von erneuerbaren Energieträgern. Stroh ist ein regenerativer Energieträger und fällt als nachwachsender Rohstoff jedes Jahr wieder an und bietet sich also zur energetischen Verwertung geradezu an.

Ob und in welcher Form eine Strohverbrennungsanlage auf einem landwirtschaftlichen Betrieb wirtschaftlich betrieben werden kann, soll am Beispiel der Fa. Glitz-Ehringhausen überprüft werden.

Die Firma Glitz-Ehringhausen betreibt einen landwirtschaftlichen Betrieb mit Schweinemast und Bullenmast, eine Biogasanlage sowie zwei Brennereien zur Herstellung von Rohbrannt­wein und Spirituosen. Die anfallenden landwirtschaftlichen Wertstoffe (Wirtschaftsdünger, nachwachsende Rohstoffe) werden in der hofeigenen Biogasanlage, mit einer installierten Leistung von 110 kWel + 65 kWel, eingesetzt und zu elektrischem Strom und Wärme veredelt. Der produzierte Strom und die Wärme decken weitestgehend den Bedarf der einzelnen Betriebsanlagen. Der überschüssige Strom wird in das öffentliche Stromnetz eingespeist und nach dem Erneuerbaren-Energien-Gesetz (EEG) vergütet. Die überschüssige Wärme wird zur Zeit über eine Notkühlung ungenutzt abgegeben.

Die Brennerei I (M+H Glitz GbR) betreibt Herr Manfred Glitz-Ehringhausen zusammen mit Herrn Heinrich Glitz. Diese Brennerei I besitzt Brennrechte zur Produktion von 1.245 hl Roh­branntwein pro Jahr und wird ausschließlich zur Produktion von Rohbranntwein genutzt.

Die Brennerei II betreibt Herr Glitz-Ehringhausen als Alleineigentümer. Diese Brennerei II besitzt Brennrechte zur Produktion von 1.735 hl Rohbranntwein pro Jahr. Neben der Produk­tion von Rohbranntwein werden in der Brennerei II auch Spirituosen in geringer Menge her­gestellt.

Das Brennrecht darf in der Regel nach den jährlichen Vorgaben der Bundesmonopol­verwal­tung nur zu 50 – 70 % ausgeschöpft werden. Die tatsächliche Kapazität der Anlage beträgt bei einer Nutzung von 8.000 h/a ca. 21.600 hl/a, so dass derzeit nur etwa 5 % der Brennerei­kapa­zität genutzt wird. Diese Tatsache führte zu der Überlegung die vorhandenen Kapazitäten durch die Produktion von Bioethanol auszunutzen.

Für die Produktion von Rohbranntwein bzw. zukünftig von Bioethanol bedarf es einer erhebli­chen Energiemenge zur Dampferzeugung. Dieser Dampf wird für die Destillation verwendet. Die benötigte Energiemenge beläuft sich auf ca. 200 kWh/hl Alkohol und wird üblicherweise durch die Verbrennung von Heizöl bereitgestellt. Bei einer vollstän­digen Aus­lastung der Anlage und Produktion von 21.600 hl/a, wird eine Gesamtenergiemenge von 4.320.000 kWh/a benötigt. Dies entspricht einer Heizölmenge von ca. 432.000 l/a. Diese Energie bzw. der benötigte Energie zur Destillation soll zukünftig durch eine Strohverbren­nungsanlage bereitgestellt werden.

Ziel dieser Machbarkeitsstudie ist es, nach einer allgemeinen Darstellung, mit Hilfe einer konkreten Anla­genplanung sowie einer ökonomischen und auch ökologischen Betrachtung, die Machbarkeit der wirtschaftlichen Integration einer Strohverbrennungsanlage zur Energie­produktion in landwirtschaftlichen Brennereien am Beispiel der Brennerei Glitz-Ehringhausen zu überprüfen. Darüber hinaus bietet die Machbarkeitsstudie insgesamt eine Entscheidungs­grundlage, ob der Bau und die Integration von Strohverbrennungsanlagen auf landwirtschaft­lichen Betrieben sinnvoll ist oder nicht.

Projektbeschreibung 

Untersuchung von Stroh als Energieträger

  • Getreidestroh
  • Rohstoffsituation und -potential in Nordrhein Westfalen und im Kreis Unna

Herausstellen der Gesetzliche Grundlagen zum Bau einer Strohheizungsanlage

  • Das Bundes-Immissionsgesetz
  • Ablauf des Genehmigungsverfahrens
  • Antragsstellung und Antragsunterlagen

Stand der Technik der Strohverbrennung

  • Auswahl des Verfahrens
  • Technische Aspekte und Bauteile der geplanten Strohheizung
  • Auslegung der Anlage

Wirtschaftlichkeitsbetrachtung

  • Entwicklung eines Stoffstrommanagements der Brennerei Glitz-Ehringhausen
  • Investitions- und Betriebskostenvergleich
  • Gesamtergebnis der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung

Auswählen der Förderprogramme und Finanzierung

  • Agrarinvestitionsförderungsprogramm (AFP)
  • Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW)
  • ZukunftsWettbewerb Ruhrgebiet
  • REN-Breitenförderung
  • Forschungs- und Entwicklungsvorhaben im Agrarbereich für Umweltschutz (UM-Vorhaben)
  • Forschungs-, Untersuchungs-, Entwicklungs- und Erprobungsaufträge an Stellen außerhalb der Bundesverwaltung (UM-Vorhaben)

Ergebnisse 

In der vorliegenden Machbarkeitsstudie wurde untersucht, ob der Einsatz einer Strohheizung in Kombination mit einer Thermoölanlage zur Wärmeerzeugung (1 MWth) für den Brennpro­zess in einer landwirtschaftlichen Brennerei gegenüber einer Gas- oder einer Ölheizung Vor­teile bietet.

Es wurde zunächst das Strohpotential ermittelt. Insgesamt könnten ca. 12 Prozent des Wär­mebedarfes der Einwohner Nordrhein-Westfalens bzw. des Kreises Unna gedeckt werden. Es handelt sich also um ein erhebliches, zu erschließendes, Potential. Die Versorgung der Anla­gen mit genügend Brennstoff stellt demzufolge kein Problem dar.

Die Genehmigung von Verbrennungsanlagen unterliegt dem Bundes-Immissionsschutzgesetz, z.T. in Kombination mit der TA Luft. Holzverbrennungsanlagen werden hier deutlich günsti­ger gestellt, als Strohverbrennungsanlagen. Im Moment scheint es noch schwierig, die niedri­gen Grenzwerte für Anlagen ab 100 kW Feuerungswärmeleistung (FWL) einzuhalten. Dies ist offenbar ein großes Hindernis für die flächendeckende Einführung von Strohheizungsanlagen.

Die Maschinentechnik zur Bergung, zum Transport und zur Verbrennung von Stroh ist grund­sätzlich verfügbar. Als besonders sinnvoll scheint die Erzeugung von rechteckigen Groß­bal­len in Kombination mit der Ballenauflösung, des Transportes des gehäckselten Strohs in Unterdruckrohren mit Staubabscheidung in einem Zyklon und Einblasung in den Brennraum zu sein.

Die Verbrennung selbst und der Ascheaustrag stellen technisch kein Problem dar. Die Anga­ben der Hersteller und Literaturangaben über die anfallende Aschemenge unterscheiden sich um den Faktor 2 – 3. Hier sind Praxiserfahrungen gefragt. Das Problem der Verschlackung kann durch das zügige Durchfahren des Erweichungspunktes  (ca. 800 °C) gelöst werden.

Neu und daher mit einem technischen Risiko behaftet ist die Erwärmung von Thermoöl und dessen Verwendung in einer Brennerei. Hier ist erhebliches Innovationspotential vorhanden, das den Einsatz von Fördermitteln rechtfertigt, um das technische und finanzielle Risiko abzumildern. Grundsätzlich ist die Machbarkeit aber gegeben, denn es konnte ein Hersteller ermittelt werden, der bereit war, ein entsprechendes Angebot abzugeben.

Vor diesem Hintergrund sind daher in der Machbarkeitsstudie einige Förderprogramme dar­gestellt, die bei einem Antrag auf Förderung in Frage kommen.

Nachdem die technische Machbarkeit gezeigt werden konnte, erfolgte anschließend eine Wirt­schaftlichkeitsbetrachtung, bei der die Strohheizungsanlage mit konventionellen Gas- und Ölheizungen auf dem Stand der Technik verglichen wurde. Erwartungsgemäß waren die Investitionskosten für die Strohverbrennungsanlage am höchsten. Die betriebsgebundenen Kosten waren bei der Strohheizungsanlage ebenfalls am höchsten. Durch die niedrigeren verbrauchsgebundenen Kosten konnte die höhere Wirtschaftlichkeit der Strohheizungsanlage gegenüber den konventionellen Heizungen nachgewiesen werden.

Wir empfehlen, die Grenzwerte für Strohheizungsanlagen im Bereich von 100 kW – 1.000 kW einer Kontrolle zu unterziehen und den Werten für Holzheizungen anzupassen.

Für landwirtschaftliche Brennereien ist der Einsatz von Strohheizungsanlagen derzeit zu emp­fehlen, wenn das Innovationsrisiko für den Einsatz von Thermoöl bzw. zur Dampferzeugung in Strohheizungen, für die kein Hersteller gefunden werden konnte, durch entsprechende För­dermaßnahmen abgemildert wird.

Für Tierhaltungsbetriebe oder andere Betriebe mit einem Wärmebedarf > 100 kWth, die mit Vorlauftemperaturen von 85 – 90 °C für den Betrieb der erforderlichen Heizung auskommen, ist der Einsatz einer Strohheizung zu empfehlen.

 

Projektleitung


Prof. Dr.-Ing. Christof Wetter
Fachbereich Energie · Gebäude · Umwelt
Stegerwaldstraße 39
48565 Steinfurt
Tel: 02551 9-62725
Fax: 02551 9-62717

wetterfh-muensterde

Mitarbeitende


  • Dipl.-Ing. MSc Elmar Brügging

Projektzeitraum


vom 01.01.2004 bis 01.07.2004

Finanzierung


  • Ministerium für Umwelt, Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz
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