Machbarkeitsstudie zur Bioethanolproduktion in Kleinbrennereien

Einleitung 

Die Produktion von (Roh-)Branntwein ist in Deutschland durch das Branntweinmonopol geregelt. Durch den Erwerb von Brennrechten und der jährlichen staatlichen Ausgabe von Nutzungsbegrenzungen des Brennrechts wird die Branntweinproduktion begrenzt.

Die Firma Glitz-Ehringhausen betreibt einen landwirtschaftlichen Betrieb mit Schweinemast und Bullenmast, eine Biogasanlage sowie zwei Brennereien zur Herstellung von Rohbrannt­wein und Spirituosen.

Die anfallenden landwirtschaftlichen Wertstoffe (Wirtschaftsdünger, nachwachsende Rohstoffe) werden in der hofeigenen Biogasanlage, mit einer installierten Leistung von 110 kWel + 65 kWel, eingesetzt und zu elektrischem Strom und Wärme veredelt. Der produ­zierte Strom und die Wärme decken weitestgehend den Bedarf der einzelnen Betriebsanlagen. Der überschüssige Strom wird in das öffentliche Stromnetz eingespeist und nach dem Erneuerbaren-Energien-Gesetz (EEG) vergütet. Die überschüssige Wärme wird zur Zeit über eine Notkühlung ungenutzt abgegeben.

Die Brennerei I (M+H Glitz GbR) betreibt Herr Manfred Glitz-Ehringhausen zusammen mit Herrn Heinrich Glitz. Diese Brennerei I besitzt Brennrechte zur Produktion von 1.245 hl Rohbranntwein pro Jahr und wird ausschließlich zur Produktion von Rohbranntwein genutzt.

Die Brennerei II betreibt Herr Glitz-Ehringhausen als Alleineigentümer. Diese Brennerei II besitzt Brennrechte zur Produktion von 1.735 hl Rohbranntwein pro Jahr. Neben der Produk­tion von Rohbranntwein werden in der Brennerei II auch Spirituosen in geringer Menge (ca. 20 hl/a) hergestellt. Um eine Qualitätstrennung zu erreichen soll zunächst nur diese Brennerei II für eine geplante Bioethanolproduktion genutzt werden.

Die Produktion von Rohbranntwein erfolgt nach der staatlichen Ausgabe der Nutzungsbe­grenzungen, die in der Regel mit der Rohstoffernte (Weizen) einhergeht. Für die Produktion der erlaubten Menge Rohbranntwein werden ca. vier Monate benötigt, so dass die Anlagen in den übrigen Monaten außer Betrieb genommen werden kann.

Das Brennrecht darf in der Regel nach den jährlichen Vorgaben der Bundesmonopolverwal­tung nur zu 50 – 70 % ausgeschöpft werden. Die tatsächliche Kapazität der Anlage beträgt bei einer Nutzung von 8.000 h/a ca. 21.600 hl/a, so dass derzeit nur etwa 5 % der Brennerei­kapazität genutzt wird. Diese Tatsache führte zu der Überlegung die vorhandenen Kapazitäten durch die Produktion von Bioethanol auszunutzen.

Im Zuge der EU-Harmonisierung wird das deutsche Branntweinmonopol voraussichtlich zum 31.12.2010 auslaufen. Die Zielerklärung der europäischen Kommission wird durch die Richtlinie Nr. 2003/30 (Anlage 1) zur Förderung der Verwendung von Biokraftstoffen formuliert. Die Zielvereinbarung der EU beinhaltet, dass bis zum Jahr 2005 mindestens 2 %, bis zum Jahr 2010 mindestens 5,75 % und bis zum Jahr 2020 mindestens 20 % der fossilen Treibstoffe durch biogene Treib­stoffe zu ersetzen sind.

Um diese Ziele zu erreichen, dürfen die Mitgliedsstaaten der EU eine Steuerbefreiung auf Biokraftstoffe gewähren, soweit dies keine Überkompensation der Produktionskosten zu herkömmlichen Benzin darstellt. Die Mineralölsteuer auf fossiles Benzin beträgt in Deutsch­land 65,45 Ct/l. Der Verzicht auf diese Steuer wäre also die maximale Steuerbefreiung für Biokraftstoffe, die es für reine Biokraftstoffe wie Biodiesel bereits seit langem gibt. Neu ist seit dem 1.1.2004, zunächst befristet bis zum 31.12.2009, verbunden mit jährlicher Überprüfung, dass jetzt auch der biogene Anteil in Mischungen steuerbefreit ist.

Da die Produktion von Rohbranntwein in allen landwirtschaftlichen Brennereien ein saisona­les Geschäft ist, ist die mangelhafte Auslastung der Brennereien branchenweit übertragbar, so dass hier ein beachtliches und bislang ungenutztes Potential zur Produktion von Bioethanol vorhanden ist.

Ziel dieser Machbarkeitsstudie ist es, durch eine konkrete Anlagenplanung anhand einer ökonomischen und ökologischen Betrachtung, die Machbarkeit einer wirtschaftlichen Produktion von Bioethanol in landwirtschaftlichen Brennereien am Beispiel der Brennerei Glitz-Ehringhausen nachzuweisen.

Diese Machbarkeitsstudie ist als wichtiges Glied eines iterativen Prozesses zu verstehen, dessen Ziel es ist, über den Zeitpunkt der staatlich garantierten Abnahme von Rohbranntwein hinaus, ein zukunftsfähiges und wirtschaftliches Konzept zur Produktion von Bioethanol für landwirtschaftliche Brennereien zu entwickeln.

Projektbeschreibung 

Verwendungsbereiche von Bioethanol

  • Allgemeine Verwendungsmöglichkeiten
  • Verwendung von Bioethanol als Kraftstoffsubstitut

 

Herstellung von Bioethanol in der Landwirtschaft

  • Ökologische und ökonomische Kreislaufführung am Beispiel der Brennerei Glitz-Ehringhausen
  • Technologien und Konzepte zur Erzeugung von Bioethanol in landwirtschaftlichen Brennereien
  • Stoffstrommanagement
  • Potential landwirtschaftlicher Brennereien

 

Rechtliche und steuerliche Rahmenbedingungen

  • Rahmenbedingungen der europäischen Union
  • Nationale Rahmenbedingungen

 

Entwicklung der Ethanolproduktion in Deutschland

 

Mögliche Vertriebsszenarien von Bioethanol aus landwirtschaftlichen Brennereien

  • Bundesmonopolverwaltung für Branntwein (BfB)
  • Deutsche Kornbranntwein-Vermarktung (DKV) GmbH
  • Raffineriebetreiber
  • Zusammenschluss von Brennereien

 

Wirtschaftlichkeitsbetrachtung industrieelle / landwirtschaftliche Produktion

  • Herstellungs- und Betriebskosten zur dezentralen Bioethanolproduktion in landwirtschaftlichen Brennereien
  • Vergleich der Kostenstruktur aus industrieller/landwirtschaftlicher Produktion
  • Ökologische Betrachtung der Bioethanolproduktion in landwirtschaftlichen Brennereien

 

Marktentwicklung und Investitionskriterien

  • Ethanol aus Brasilien
  • Ethanol aus landwirtschaftlichen Brennereien
  • Ethanol aus industriellen Standorten in Europa

 

Ergebnisse 

Die neue vollständige Mineralölsteuerbefreiung für Biokraftstoffe hat zu einer Aufbruchs­stimmung unter potenziellen Investoren geführt. Die vorliegende Studie untersucht, ob die Machbarkeit der Bioethanolproduktion für landwirtschaftliche Brennereien insbesondere in Nordrhein-Westfalen vor dem Hintergrund dieser Gesetzgebung und trotz des Konkurrenz­druckes aus Ländern wie Brasilien gegeben ist.

Die Europäische Union hat im letzten Jahr beschlossen, dass der energiebezogene Anteil biogener Treibstoffe Ende 2005 bei 2 Prozent liegen und bis auf 5,75 % Ende 2010 steigen soll. Darüber hinaus ist im Grünbuch der EU eine Steigerung auf 20 % für das Jahr 2020 vorgesehen. Um diese Ziele zu erreichen, dürfen Mitgliedsstaaten eine Steuerbefreiung auf Biokraftstoffe gewähren, soweit diese keine Überkompensation der Produktionskosten im Vergleich zu herkömmlichem Benzin darstellt.

Die Mineralölsteuer auf fossiles Benzin beträgt in Deutschland 65,45 Ct/l und wäre damit theoretisch die maximale Steuerbefreiung für Biokraftstoffe. Diese Steuerbefreiung gibt es für reine Biokraftstoffe wie Biodiesel bereits seit langem. Neu ist, dass jetzt auch der biogene Anteil in Mischungen zu 100 Prozent steuerbefreit ist.

Darüber hinaus ist im Zuge der EU-Harmonisierung das Ende des Branntweinmonopols, des letzten deutschen Finanzmonopols, für den 31.12.2010 zu erwarten. Diese Änderung wird tief greifende Änderungen für die ca. 850 landwirtschaftlichen Brennereien in Deutschland mit sich bringen. Eine Option für die Zukunft ist die dezentrale Bioethanolproduktion, dies vor allem vor dem Hintergrund, dass die gegenwärtig installierten Anlagen wegen des Brannt­weinmonopols und der damit verbundenen Brennrechte nur zu etwa 15 % ausgelastet sind.

In der vorliegenden Machbarkeitsstudie wird gezeigt, dass die Produktion von Bioethanol in landwirtschaftlichen Brennereien im höchstem Maß ökologisch sinnvoll ist. Hier können kleinräumig sinnvolle Kreisläufe geschlossen werden. Die Integration von Landbau, Vieh­haltung, Biogasanlagen sowie der Einsatz von Strohheizungsanlagen machen dies deutlich. Es konnte ein universell verwendbares Stoffstromdiagramm entwickelt werden, das eine Übertragbarkeit auf andere landwirtschaftliche Brennereien, als den ausgewählten Beispiel­betrieb, möglich macht.

Die Kapazität für die Produktion von Bioethanol in Deutschland wird im Jahr 2005 etwa das 2,6-fache des Jahres 2000 erreichen. Gleichwohl verbleibt noch ein erheblicher Restmarkt, an dem die landwirtschaftlichen Brenner teilhaben könnten, entsprechende Wirtschaftlichkeit vorausgesetzt.

In der vorliegenden Studie wurde dieser Punkt besonders focussiert. Als Wettbewerber auf dem Markt treten die in Deutschland bzw. in anderen Staaten der EU ansässigen Hersteller von industriell hergestelltem Bioethanol sowie die Erzeugerstaaten aus Übersee auf. Gegen­wärtig ist Brasilien das Land, das für Europa den günstigsten Bioethanol herstellt und wurde deshalb exemplarisch in die Betrachtungen einbezogen.

Geht man von der Voraussetzung aus, dass eine landwirtschaftliche Brennerei vollständig neu eingerichtet werden müsste, so entsteht ein Herstellungspreis von ca. 66 Ct/l absolutiertem Bioethanol, gegenüber ca. 51 Ct/l aus industrieller Produktion. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt liegt der Einkaufspreis von Bioethanol aus Brasilien bei 55 Ct/l unterliegt aber starken Schwankungen. Es zeigt sich, dass Bioethanol aus industrieller Produktion in Deutschland gegenüber Importen aus Drittstaaten marktfähig ist, vor allem, wenn man die entsprechenden, in der Studie näher dargestellten, preisbeeinflussenden Faktoren bewertet.

Bezogen auf die Produktion von Bioethanol aus landwirtschaftlichen Brennereien, ist eine Marktfähigkeit unter ökonomischen Bedingungen nur gegeben, wenn die ebenfalls näher dargestellten Einsparungspotentiale konsequent und vollständig genutzt werden.

Als Risiko für den Bioethanolmarkt in Europa können die derzeit noch nicht abgeschlossenen Zollverhandlungen zwischen der EU, der World Trade Organisation (WTO) und den Merco­sur-Staaten angesehen werden, die je nach Ausgang einen nennenswerten Einfluss auf die Entwicklung des Bioethanolmarktes in Europa und damit auch auf Deutschland haben können.

Grundsätzlich bleibt festzustellen, dass die Bioethanolproduktion in landwirtschaftlichen Brennereien in Deutschland machbar ist, allerdings nur unter wirtschaftlichem Ansatz der bisherigen, bereits bestehenden Anlagen. Die ökologische Komponente, d.h. das kleinräu­mige Schließen von Stoffkreisläufen spricht eindeutig für diese Art der Bioethanolproduktion, weshalb hier politische Unterstützung sinnvoll wäre. Dies auch im Hinblick auf die soziale und beschäftigungspolitische Komponente, die einen Beitrag für die Schaffung von Arbeits­plätzen im ländlichen Raum leisten würde.

 

Projektleitung


Prof. Dr.-Ing. Christof Wetter
Fachbereich Energie · Gebäude · Umwelt
Stegerwaldstraße 39
48565 Steinfurt
Tel: 02551 9-62725
Fax: 02551 9-62717

wetterfh-muensterde

Mitarbeitende


  • Dipl.-Ing. Elmar Brügging M.Sc.
  • Dipl.-Ing. Peter Wicher

Projektzeitraum


vom 01.01.2004 bis 01.08.2004

Finanzierung


  • ee - energy engineers
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