Vorratsbewertung im Einzelhandel
Im Zusammenhang mit der bilanziellen Behandlung des Vorratsvermögens wird häufig primär die Bewertung der Fertigerzeugnisse und die Definition der Herstellungskosten problematisiert. Die Be-wertung von Handelswaren und die Definition von Anschaffungskosten wird hingegen vielfach nur oberflächlich behandelt. So wird beim HGB vs. IFRS-Vergleich bezüglich der Definition der Anschaf-fungskosten von Handelswaren nicht selten eine weitgehende Übereinstimmung festgestellt und die Diskussion der Berücksichtigung von Gemeinkosten als Anschaffungsnebenkosten als akademisch klassifiziert . Für viele - insbesondere - Produktionsunternehmen mag diese Einschätzung richtig sein.
In der Einzelhandelsbranche nehmen die Warenvorräte indes geschäftsbedingt häufig einen nicht unerheblichen Anteil der Bilanzsumme ein. Zudem stellen die Anschaffungsnebenkosten (insbesondere die Transport- und Lagerkosten) - nicht zuletzt durch z.T. veränderte Prozesse in der Einzel-handelsbranche - zunehmend einen wesentlichen Kostenfaktor dar. Während in der Vergangenheit verschiedene Logistiktätigkeiten (z.B. Lagerung und Transport in die Verkaufstätten) häufig von den Herstellern übernommen wurden und die Kosten damit verdeckt in den Einkaufspreisen für die Händ-ler enthalten waren, wird die Logistik zunehmend durch die Händler selbst übernommen (womit inter-ne Logistikkosten entstehen) oder an externe Logistikunternehmen vergeben (externe Logistikkos-ten). Diese Reduzierung des Leistungsumfangs der Hersteller hat sich allerdings regelmäßig nicht im Einkaufspreis niedergeschlagen. Stattdessen erfolgt die "Vergütung" an die Händler für die Übernah-me der Logistikarbeiten vielfach durch die Gewährung von Boni oder sonstigen Abschrif-ten/Abschlägen. Insofern ist eine einheitliche und sachgerechte (d.h. synchrone) Berücksichtigung von Anschaffungsnebenkosten und Anschaffungspreisminderungen entscheidend respektive bedeu-tend für die Vergleichbarkeit der Abschlüsse der Einzelhandelsbranche.
Vor diesem Hintergrund wurde im Frühjahr/Sommer 2005 eine Umfrage zur Warenbewertung in der Einzelhandelsbranche durchgeführt und anhand der Anforderungen nach HGB und IFRS gewürdigt werden. Hierzu wurden zunächst jeweils die Vorschriften zur Zugangs- und zur Folgebewertung von Handelswaren nach HGB und IFRS im Vergleich gegenübergestellt. Dabei wurden mit der Diskussion der Anschaffungsnebenkosten, der Anschaffungs-preisminderungen sowie der Bewertungsvereinfachungsverfahren die Problembereiche der Ermittlung der Anschaffungskosten als Wertmaßstab der Zugangsbewertung behandelt. Ferner wurden die Abschreibungsvorschriften sowie die Möglichkeiten der Sammelbewertung im Rahmen der Folgebewertung analysiert. Mit der Gegenüberstellung der Anforderungen nach HGB und IFRS wurde aufgezeigt, welche Unklarheiten und damit bilanzpolitischen Ermessensspielräume der deutsche Gesetzgeber und der IASB lassen und welche Unterschiede zwischen HGB und IAS 2 bestehen. Die Umsetzung dieser Anforderungen in der Praxis wurde durch die Umfrageergebnisse verdeutlicht.
Projektleitung
Prof. Dr. rer. pol. Isabel von Keitz
Fachbereich Wirtschaft
Corrensstraße 25
48149 Münster
Tel: +49 251 83-65656
vonkeitzfh-muensterde
Mitarbeitende
- Dipl.-Kfm. Jennifer Drucks
Projektzeitraum
Kooperationspartner
- KPMG Köln
Finanzierung
- Projektpartner