Jedem Medium liegt die Eigenschaft der Kommunikation zu Grunde, d.h. ein Medium vermittelt über unterschiedliche technische Ebenen Informationen - egal ob auditiv, haptisch, taktil, visuell oder sogar olfaktorisch. Im besonderen Fall des Storytellings ist die vermittelnde Information jedoch immer erzählend, also narrativ, und vermittelt Geschichten und Handlungen von Figuren, stellt Konflikte und Sozialmilieus dar, offenbart besondere Objekte und Gegenstände der Handlung, zeigt überraschende Wendepunkte, sorgt für Spannung, Emotionen sowie Affekte und führt strategisch in Richtung Lösung oder Katastrophe.

Zwar wandeln sich seit Jahrtausenden Geschichten und ihre Motive und passen sich auch historischen Rezeptionsgewohnheiten und Geschmackskulturen an, sie wiederholen aber oftmals gängige dramatische Motive, wie den Topos der Heldenreise, den märchenhaften Sieg über das Böse, das Überwinden der Angst, das Erwachsenwerden oder eine implizite Moral. Gerade in den aktuellen gestalterischen Diskursen stellt sich dann häufig die Frage danach, wie neue und bekannte Geschichten und ihre Facetten in und durch medientechnologische Innovationen transdisziplinär verändert oder geprägt werden oder sogar durch Medien in einer völlig neuen Art und Weise wahrgenommen werden können. Zum Beispiel durch Interaktion beim Web-Comic, durch körperliche Bewegung in Virtual Reality oder auf Basis autobiografischer Mitteilungen in individuellen Stories auf Social-Media Plattformen.

Eine Vielzahl dieser den gängigen Storytelling-Diskurs prägenden Aspekte diskutierten vom 22. bis zum 24. Juni 2023 Expert*innen verschiedenster akademischer Disziplinen auf dem MSD-Symposium am Fachbereich Design der FH Münster. Das Symposium, welches mittlerweile die elfte wissenschaftliche Konferenz der Forschungsgruppe Bewegtbild Kiel/Münster bildet, versammelte Vortragende aus den Bereichen der Comic- und Videogame-Gestaltung, Film, Medien-, Design-, Kultur- und Kunstwissenschaft sowie Wahrnehmungsforschung. 

Dekan Prof. Dr. Lars C. Grabbe, Mitgründer und Leiter der Forschungsgruppe, begrüßte neben seinen Co-Hosts Prof. Dr. Norbert M. Schmitz (Muthesius Kunsthochschule Kiel) und Prof. Dr. Patrick Rupert-Kruse (FH Kiel) mehr als 230 Teilnehmende am Leonardo-Campus in Münster. Die Diskussionen, die jeweils im Anschluss an die einzelnen Vorträge stattfanden, griffen dabei aktuelle Strömungen und Perspektiven der internationalen Storytelling-Forschung auf und führten diese produktiv mit den anregenden Diskussionen im Plenum zusammen. Als Ehrengast eröffnete der Präsident der FH Münster, Prof. Dr. Frank Dellmann, das MSD-Symposium und lobte den Transfercharakter der Veranstaltung zwischen Forschung, Gestaltung und Studierendenschaft. 

Was es überhaupt bedeutet, wenn man von Storytelling spricht, reflektierte der Keynote-Speaker Prof. Dr. Joachim Friedmann (Köln) in einem außergewöhnlichen und interaktiven Eröffnungsvortrag. Die grundlegende Expertise der Keynote wurde später von allen Vortragenden des MSD-Symposiums aufgegriffen, individuell reflektiert oder an einigen Stellen in weitere mediale Bereiche geführt. Prof. Dr. Lars C. Grabbe setzte an modernen Strömungen der Embodied Cognition Theory an und präzisierte Stories als aktivierte neuronale Schaltkreise innerhalb des menschlichen Gehirns. Dr. Nina Eckhoff-Heindl präsentierte neue Erkenntnisse der analogen und interaktiven Comicforschung. Sicherheits- und Migrationsnarrative im Fotografischen wurden von Prof. Dr. Birgit Mersmann kritisch diskutiert. Prof. Dr. Marcus Stiglegger zeigt die Mythentransformation im filmischen Marvel-Universum auf, Dr. Robert Dörre exemplifizierte autobiografisches Erzählen in Social Media und Prof. Dr. Julie Woletz präsentierte einen Ansatz der Beschreibung von innovativem Storytelling in sozialen Medien. Zur Narra-Topologie in Mixed Reality referierte Prof. Dr. Patrick Rupert-Kruse und Prof. Dr. Felix Kosok befasste sich designtheoretisch mit der Rolle spekulativer Zukünfte im Storytelling des Designs während Jun.-Prof. Jennifer Eickelmann abschließend den Bogen schlug zum Sticky Storytelling in Kunst und Öffentlichkeit.

Die Beitragenden machten schnell deutlich, dass die Beschäftigung mit transdisziplinärem Storytelling auch zukünftig einen wichtigen Stellenwert in der Gestaltungsforschung einnehmen wird, da sich rasant entwickelnde Digitalisierungsprozesse auch auf Medien und deren Geschichtsvermittlung in hohem Maße auswirken. "Daher werden wir hier intensiv weiterarbeiten und sind natürlich schon Mitten in den Planungen für das MSD-Symposium in 2024", so Prof. Dr. Lars C. Grabbe, "natürlich wollen wir auch den Tagungsband zum Nachlesen mit allen versammelten Beiträgen passend in 2024 veröffentlichen."

Das MSD-Symposium "Storytelling/Transdisziplinär" konnte einen intellektuellen Anker auswerfen, um aktuelle Ansätze, Medien, Diskurse und Themen zu diskutieren. "Die Expert*innen zeigten sich dabei überaus überzeugt, dass mit diesem Thema noch eine Menge Wind in den Segeln möglich sein wird", reflektierte Prof. Dr. Lars C. Grabbe, "denn auch in Zukunft wird über das Storytelling noch einiges gesagt werden müssen, und das MSD-Symposium möchte hier einen produktiven Beitrag leisten."

Fotos: Jeremy Katerndahl und Leonie Probost

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