Korruption ist ein ernstes Problem für Organisationen und für die Gesellschaft insgesamt. Dies gilt für Wirtschaftsunternehmen und -einrichtungen, aber in noch höherem Maße für Institutionen des Staates. Staatliche Organisationen sind Garanten für die Stabilität eines politischen Systems und damit für den Staat selbst. Sind sie korrupt, schwindet das Vertrauen der Bürger in den Staat als Ganzes. Ein funktionierender Staat ist nach wie vor entscheidend für die Entwicklung eines Landes (Nell, 2006; Schiller, 2006). Zu einem funktionierenden Staat gehören nicht nur Institutionen wie Polizei, Finanzverwaltung und Justiz, sondern auch soziale Elemente wie beispielsweise das Gesundheitssystem und soziale Beratungsstellen. Soziale Dienstleistungen sind mitverantwortlich für die Milderung der Auswirkungen von sozialer Ungleichheit und sichern so den sozialen Frieden in einer Gesellschaft. Bei Korruption im öffentlichen Bereich ist neben dem materiellen Verlust der immaterielle Schaden gravierend (Burke, 2009). Aus diesem Grunde werden an der Fachhochschule Münster Forschungsprojekte zu Korruption und Korruptionsprävention (nicht nur) im öffentlichen Bereich durchgeführt. Dabei arbeitet Prof. Dr. Linssen vom Fachbereich Sozialwesen an der Fachhcoschule Münster innerhalb eines Forschungsverbundes mit Prof. Dr. Sven Litzcke von der Hochschule Hannover, Fakultät IV, Abt. Betriebswirtschaft, sowie der Kriminologischen Forschungsstelle im Landeskriminalamt Niedersachsen zusammen. Erhebungen im sozialen Bereich betrifft das Projekt Korruption und unethisches Handeln in Berufsfeldern Sozialer Arbeit.

Prävention von Korruptionsrisiken in der niedersächsischen Polizei

Ein zweites Forschungsprojekt untersucht seit 2011 innerhalb einer Kooperation der Fachhochschule Münster mit der Kriminologischen Forschungsstelle (KFSt) im Landeskriminalamt Niedersachsen auch das Phänomen Korruption in der Polizei. Um bei der Forschung Neutralität zu gewährleisten, wurde die wissenschaftliche Leitung des Projekts vom Landeskriminalamt Niedersachsen an Prof. Dr. Ruth Linssen, Fachbereich Sozialwesen der Fachhochschule Münster, übertragen. Ziel des Forschungsprojekts ist die Ausweitung der Prävention z. B. durch verbesserte Aus- und Fortbildungsangebote innerhalb der Polizei. Denn unter dem geschilderten Blickwinkel ist Korruptionsprävention staatlicher Organisationen gesellschaftspolitisch wichtig, besonders für die Polizei als sichtbarer und einschreitender Teil der Staatsgewalt. Die Polizei genießt als Institution nach dem Verfassungsgericht das höchste Vertrauen unter den Bürgern, und dies schon seit vielen Jahren (Ohlemacher 2004). Deshalb wird folgerichtig innerhalb der Polizei dem Thema Korruption und ihrer Prävention auf Bundes- und Landesebene große Aufmerksamkeit gewidmet. Fast jede größere Behörde hat inzwischen Anti-Korruptionsrichtlinien oder -einrichtungen (Bannenberg/Schaupensteiner 2005).

Definitionen von Korruption

Gleichzeitig sind die Vorstellungen darüber, was Korruption konkret ist, oft erstaunlich unpräzise. Vielen ist nicht klar, wo die Grenzen des Legalen überschritten werden. Diese Grenzen zu konkretisieren und jenseits abstrakter Richtlinien für den Polizeialltag handhabbar zu machen ist ebenfalls Ziel des Forschungsprojekts an der FH Münster. Das Projekt selbst lehnt sich an die Korruptionsdefinition des BKA an. Demnach ist Korruption der "Missbrauch eines öffentlichen Amtes, einer Funktion in der Wirtschaft oder eines politischen Mandats zugunsten eines Anderen, auf dessen Veranlassung oder Eigeninitiative, zur Erlangung eines Vorteils für sich oder einen Dritten, mit Eintritt oder in Erwartung des Eintritts eines Schadens oder Nachteils für die Allgemeinheit oder für ein Unternehmen." (BKA, 2012) Damit wird der Korruptionsbegriff weiter ausgelegt als er in den entsprechenden Paragrafen des StGB gefasst ist. Auch die Missachtung von internen Dienstvorschriften, wird hier eingeschlossen (vgl. Svirak, 2009).

Phasen des Forschungsprojekts

Das Forschungsprojekt gliedert sich in drei Phasen. In der ersten Phase, die bis zum Frühjahr 2012 andauerte, wurde angestrebt, Korruptionsrisiken in der Polizei anhand von Hellfelddaten und Experteninterviews zu umreißen. In der zweiten Phase schloss sich ab Herbst 2012 eine repräsentative, anonyme Dunkelfelderhebung zu Korruption in der Niedersächsischen Polizei an, die tatsächlich erlebte Fälle von Korruption oder korruptionsnahen Handlungen erhoben hat sowie deren subjektive Bewertung. Hier steht die Klärung, wo korrupte Handlungen beginnen, im Focus, ebenso wie der Umgang im Kollegenkreis oder innerhalb der Organisation mit solch problematischen Situationen. Mittels der Ergebnisse der Dunkelfelderhebung werden in Phase drei bis 2015 praxisnahe und wirksame, weil empirisch fundierte Präventionskonzepte
entwickelt.

Bisherige Ergebnisse und Ausblick

Zentraler Befund der ersten beiden Phasen des Forschungsprojekts war eine große Unsicherheit darüber, was Korruption eigentlich konkret ist. Es wurden große Grauzonen deutlich, bei denen Unsicherheit besteht, ob dies nun Korruption, eine korruptionsnahe Handlung, ein "kleinerer Verstoß gegen interne Vorschriften mit geringem Unrechtsgehalt" sei oder ob es sich eben doch um legales Tun, eventuell jedoch mit wenig Berufsethos, handelt. Wo was davon anfängt, darüber gingen die Meinungen weit auseinander. Es wurde klar, dass hier eine Bewertungsunsicherheit in der Niedersächsischen Polizei besteht. Zur Entwicklung von gezielten Präventionsmaßnahmen gegen Korruption in der Polizei in Phase drei war es in Phase zwei, bei der Dunkelfelderhebung, also nötig, konkrete, alltägliche Situationen zu erfassen, mit denen Polizeibeamte sich konfrontiert sehen. Anhand solcher, anonym erhobener aber konkreter, weil "echter" Beispiele können dann innerhalb des Forschungsprojekts gezielt Fortbildungsangebote zur Prävention entwickelt werden, wie etwa die Konzeption von Information in Aus- und Weiterbildung.

Siehe hierzu auch:

Linssen, R.,  Kammigan, I. & Pfeiffer, H. (2014): Vom Wissen, Wollen und wissen wollen Dunkelfeldstudie zu Korruption in der Niedersächsischen Polizei. /Kriminalistik/, 68. Jg. (1)

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