- Rechtliche Definition von grünem Wasserstoff
- Rechtlicher Status von weiteren, nicht strombasierten Arten von treibhausgasneutralem Wasserstoff
- Einspeisung von (grünem) Wasserstoff ins Erdgasnetz
- Rechtliche Grundlagen für reine Wasserstoffnetze
- Drei Fragen zu den rechtlichen Rahmenbedingungen - Interview mit Frau Gerstlauer von der Fa. Emcel
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Rechtliche Definition von grünem Wasserstoff
Rechtlich definiert sind bisher die Wasserstoff-Farben grau, blau, türkis und grün als Einordnung der Herkunft und Erzeugung des Wasserstoffs (siehe dazu auch die Erläuterung zur Wasserstoff-Farbpalette in der Frage des Monats September) [2].
Unter grünem Wasserstoff versteht man gemeinhin Wasserstoff (H2), welcher mit Hilfe von erneuerbaren Energien erzeugt wurde. Die Nationale Wasserstoff-Strategie spricht bei grünem Wasserstoff jedoch ausschließlich von Wasserstoff aus der Elektrolyse mittels Strom aus erneuerbaren Energien [2]. Diese Definition ist auch in weiteren Gesetzen und Verordnungen zu finden, jedoch nicht einheitlich.
So schließt die 37. Bundes-Immissionsschutz-Verordnung (BImSchV) bezüglich der Anrechnung auf die Treibhausgasminderungsquote im Verkehr bisher nur Wasserstoff aus regenerativen Strom nicht biogenen Ursprungs mit ein [3]. Das Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) spricht bei Wasserstoff im Allgemeine sogar nur von "Wasserstoff, der durch Wasserelektrolyse erzeugt worden ist" [4].
Auch die Erneuerbare-Energien-Verordnung (EEV 2021), definiert grünen Wasserstoff konkret in § 12i [5] bezüglich der Befreiung des zur H2-Erzeugung genutzten Stroms von der EEG-Umlage. Gültig wird diese Definition ab dem 1. Januar 2022 [1]. Demnach wird grüner Wasserstoff ausschließlich elektrochemisch und durch den Gebrauch von Strom hergestellt. Zudem zählt nur die Produktion in den ersten 5.000 Volllaststunden (VLS) eines Jahres der Anlage. Für Strombezug oberhalb dieses Grenzwerts wird die volle EEG-Umlage fällig. Der Strom zur Herstellung des Wasserstoffs muss zudem weitere Anforderungen erfüllen:
- Der Strom muss nachweislich aus EE-Anlagen nach § 3 Nr. 21 EEG 2021 stammen,
- zu mindestens 80 % aus Anlagen mit einem Standort in der Preiszone für Deutschland kommen
- und darf keine Förderungen nach EEG, KWKG oder EEV §9 Nr. 6 Buchstabe b erhalten. [1, 5]
Somit ist der rechtliche Rahmen für die Bevorzugung von Wasserstoff als grüner Wasserstoff derzeit nur bei strombasiertem Wasserstoff aus der Elektrolyse mit regenerativem Strom gegeben.
Rechtlicher Status von weiteren, nicht strombasierten Arten von treibhausgasneutralem Wasserstoff
Ein erster Schritt in diese Richtung stellt das "Gesetz zur Weiterentwicklung der Treibhausgasminderungs-Quote" vom September 2021 dar, welches neben grünem Wasserstoff auch die Anrechnung von "orangem" Wasserstoff vorsehen soll [8, 9]. Dieser wird laut den Wissenschaftlichen Diensten des Bundestags "aus Biomasse oder unter Verwendung von Strom aus Anlagen der Abfallwirtschaft etwa Müllverbrennungsanlagen oder Biogasanlagen erzeugt" [9]. Daher wurde er in der Abbildung 2 im Bereich der zukünftigen Wasserstoff-Erzeugungsoptionen als orange berücksichtigt. Derzeit werden weitere Farben diskutiert, wie etwa weißer Wasserstoff, der Nebenprodukte aus der Industrie (Chlor-Alkali-Elektrolyse) berücksichtigt.
Einspeisung von (grünem) Wasserstoff ins Erdgasnetz
Dies schafft die rechtliche Grundlage für die Integration von Wasserstoff und weiterer erneuerbarer Gase in die öffentliche Gasversorgung und umfasst unter anderem die Einspeisung von Wasserstoff als Zusatzgas in methanreiche Gase (v. a. Erdgas). Dazu wurde Wasserstoff dem Bereich der 2. Gasfamilie hinzugefügt. Dies ermöglicht grundsätzlich auch H2-Einspeisungen von über 10 % Wasserstoffgehalt im Erdgas. Voraussetzung ist die Einhaltung der brenntechnischen Kenndaten sowie die Eignung der entsprechenden Netze, Messgeräte und Anlagen [12]. In der Praxis hängen die ins Erdgasnetz einspeisbaren Wasserstoff-Mengen also von den örtlichen Gegebenheiten ab und können zwischen 2 % und 10 % sowie in einigen Fällen bis zu 20 % Wasserstoff im Erdgas liegen. [1]
Die Wasserstoff-Einspeisung in das Erdgasnetz wird zudem über die §§ 33, 34 GasNZV (Teil 6 Biogas) geregelt [13]. Zur Förderung der Wasserstoff-Einspeisung wurde daher Wasserstoff in die Definition des Biogasbegriffs nach §3 Nr. 10 EnWG mit aufgenommen. Dieser bezieht sich jedoch nur auf Wasserstoff aus der Wasserelektrolyse mit Strom aus erneuerbaren Energien [4, 14]. Biologischer Wasserstoff aus Abwässern, wie er bspw. im Projekt BioTecH2 und HyTech1 erforscht wird, fehlt bisher auch in den rechtlichen Definitionen für Biogas.
1 Die FH Münster erforscht in diesem Zusammenhang das Verfahren beschreibt die fermentative, anaerobe Umwandlung von organischem Substrat in Bio-Wasserstoff [15-17].
Rechtliche Grundlagen für reine Wasserstoffnetze
Das zuvor erwähnte, aktualisierte DVGW-Arbeitsblatt G 260 führt zudem eine 5. Gasfamilie ein, um Wasserstoff als Grundgas einsetzen zu können. Dies ist Grundlage, um Gasnetze mit reinem Wasserstoff betreiben zu können. Die 5. Gasfamilie geht von zwei Wasserstoff-Beschaffenheiten aus, welche sich in ihrem Reinheitsgrad unterscheiden (siehe auch Tabelle 1) [12].
Zudem wurde das im August 2021 aktualisierte Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) an vielen Stellen angepasst, um den Aufbau einer Wasserstoffnetz-Infrastruktur in Deutschland zu ermöglichen. Dabei sollen die Regelungen nach [18] zunächst eine Übergangslösung darstellen, bis europäische Vorgaben vorliegen. So regelt es im Abschnitt 3b (§28j - §28q) die Regulierung von Wasserstoffnetzen, mit dem § 43l deren Auf- und Ausbau und führt in den §§ 112b bis 113c unter anderem die Möglichkeit zur Umstellung von Erdgasnetzen auf Wasserstoffnetze ein [4]. Die bestehenden Regeln werden auf Wasserstoff ausgedehnt [4, 19]. Neben Elektrizität und Gas wird Wasserstoff beim Begriff "Energie" (§ 3 Nr. 14 EnWG) eigenständig, also auch noch einmal abgegrenzt von Gas, definiert [4, 18]. Die in § 3 Nr. 19a bestehende Definition des Begriffs "Gas" umschließt auch hier nach wie vor nur "Wasserstoff, der durch Wasserelektrolyse erzeugt worden ist" [4] und führt damit den Technologievorbehalt auf die Wasserelektrolyse fort, dessen Abschaffung in einem Positionspapier mehrerer Wirtschafts- und Energieverbände gefordert wurde [20].
Gasfamilien | |||
Gasfamilie | Brenngase | ||
1 | S (Stadt-, Fern- und Kokereigase) | Stadtgase (Kohlegase) | nicht mehr von Bedeutung in der Gasversorgung |
2 | N (methanreiche Gase; entsprechend dem Wobbe-Index in L (low) und H (high) unterteilt) | Erd- und Erdölgase | Fossiler Brennstoff aus natürlichen Lagerstätten |
Wasserstoff | Gewinnt an Bedeutung als Energiespeicher, CO2-neutraler Brennstoff, Treibstoff etc. | ||
Naturgas | Bio-/Kompostgas (z.B. aus Biogas-/Kläranlagen) Bedeutend als regenerativer Brennstoff | ||
3 | F (Flüssiggase) | Flüssiggase | Raffineriegase, Nebenprodukte der Erdölraffinierung, enthalten überwiegend Propan und Butan |
4 | L (Luftgase) | Luft-Gas-Gemische | nicht mehr von Bedeutung da nicht mehr angewendet |
5 | Wasserstoff |
zwei Reinheitsstufen: Gruppe A: Reinheit von ≥ 98 % Gruppe D: Reinheit von ≥ 99,97 % |
Drei Fragen zu den rechtlichen Rahmenbedingungen - Interview mit Frau Gerstlauer von der Fa. Emcel
Wie sind die Beschränkungen bei der Erzeugung von grünem Wasserstoff in der EEV auf 5.000 Vollbenutzungsstunden zu begründen? |
Grundsätzlich hatte die Bundesregierung den Gedanken, dass Wasserstoff systemdienlich produziert werden soll. Die begrenzte Menge an erneuerbaren Energien soll nicht vollständig in die Produktion von Wasserstoff fließen. Nur zu Spitzenzeiten von Wind- und Solarenergie, wenn das Stromnetz nicht mehr aufnehmen kann, soll der preisgünstige Strom abgegriffen werden.
Sie sprechen neben der Wasserelektrolyse auch von anderen Erzeugungsmöglichkeiten von treibhausgasneutralem Wasserstoff aus Biomasse. Wie würden Sie diese Arten der Erzeugung in Bezug auf die Wasserstoff-Farbpalette einordnen? Braucht es dort weitere "Wasserstoff-Farben?" |
In vielen Fällen geht es nicht um eine rechtliche Definition, sondern um das Verständnis, wenn man von grünem Wasserstoff spricht. Bei Herstellern, welche Wasserstoff über Pyrolyse oder Biogasreformierung herstellen, werden häufig Zertifikate des TÜV SÜD benutzt, damit Käufer und Verkäufer denselben Anspruch an grünen Wasserstoff haben. Bei Biomasse gehen die Überlegungen bei der Farbpalette in Richtung grün oder orange. Das neue Gesetz zur Weiterentwicklung der Treibhausgasminderungs-Quote, in welchem biogener Wasserstoff neu anerkannt wurde, wird sich die Debatte spezifizieren. Um treibhausneutralen und nachhaltigen Wasserstoff wirtschaftlich produzieren zu können sind entsprechende Definitionen und Rahmenbedingungen notwendig, die z.B. die Vermarktung im THG-Quotenhandel ermöglichen.
Haben die Änderungen des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) und des DVGW-Arbeitsblatts G 260 ausreichend Grundlagen für den Hochlauf der Wasserstoff-Wirtschaft geschaffen? Was müsste Ihrer Ansicht nach noch rechtlich geschehen? |