Prof. Dr. Ursel Wahrburg und Prof. Dr. Guido Ritter haben bei der siebten Auflage der Veranstaltungsreihe "Wie gesund ist gutes Essen? Ist Genießen auch erlaubt?" den Trend zu den "ohne"-Lebensmitteln beleuchtet.

Münster (10. November 2015). Mit der Angst vor Weizen und Gluten lässt sich viel Geld verdienen. Dick sollen sie machen, dumm und krank, schnappt der verunsicherte Verbraucher in Büchern und im Internet auf. Beweise dafür bekommt er aber nicht.

Diesen Trend haben Prof. Dr. Ursel Wahrburg und Prof. Dr. Guido Ritter in dem ausverkauften Vortrag "Der Hype der 'ohne'-Produkte" aufgegriffen und genauer beleuchtet. Es war die siebte Auflage der Veranstaltungsreihe "Wie gesund ist gutes Essen? Ist Genießen auch erlaubt?" von Stadt (Allianz für Wissenschaft) und FH Münster. Sie richtet sich an die interessierte Öffentlichkeit, die in entspannter Atmosphäre mehr über gesunde Ernährung erfahren möchte.

Etwa ein Prozent der deutschen Bevölkerung leidet an Zöliakie. Diese Menschen vertragen kein Gluten, das sogenannte Klebereiweiß, das in Weizen und anderen Getreidesorten vorkommt. Dagegen scheinen die Regale in Supermärkten voll mit Lebensmitteln "ohne Gluten" zu sein. Auch Menschen, die nicht an Zöliakie leiden, greifen zunehmend zu diesen Produkten.

"Spaghetti", die ganz ohne Spaghetti auskommen, und sogar glutenfreie Hundekekse: Wahrburg nannte Beispiele von Produkten, die mittlerweile vermarktet werden. Für alle, die nicht an Unverträglichkeiten und Allergien litten, also etwa 95 Prozent der Bevölkerung, seien diese oft sehr teuren Produkte überflüssig, fasste die Ernährungswissenschaftlerin vom Fachbereich Oecotrophologie · Facility Management zusammen.

"Wann genau ist aus 'Sex, Drugs & Rock n Roll' eigentlich 'Laktoseintoleranz, Veganismus & Helene Fischer' geworden?", hatte im Jahr 2014 ein Nutzer bei Twitter den Trend umschrieben.

Ohne Milch und Laktose

Ähnliche Ängste und Sorgen wie beim Gluten bewegen Menschen bei der Milch. Früher galt sie als gesund, inzwischen heißt es, sie mache krank. Deshalb greifen viele Menschen zu Milchersatzprodukten, vor allem aus Soja. Der Blick auf die Zutatenliste verrate aber schnell, dass es sich oft um stark verarbeitete Lebensmittel handele, die nicht hochwertiger seien, erläuterte Wahrburg.

Etwa 15 Prozent der deutschen Bevölkerung vertragen keinen Milchzucker, die Laktose. Sie müssen auf laktosefreie Produkte zugreifen, alle anderen müssten es aber nicht. "Denn diese Lebensmittel sind nicht gesünder, wie die oft lange Liste der Zutaten und Zusatzstoffe zeigt", so Wahrburg.

Und vegan soll es sein

Zu den wichtigsten Trends gehöre auch der vegane Lebensstil, bei dem Menschen völlig auf tierische Produkte verzichten. In Deutschland leben etwa eineinhalb Prozent vegan.

Um die Eigenschaften von Fleisch zu simulieren, benötigen vegane Lebensmittel viele Zusatzstoffe. Am Beispiel eines "Pizzakäses" zeigte Wahrburg, dass er im Nährwert keinen Mehrwert bringt, eher im Gegenteil. Er enthält kein Eiweiß, ist aber deutlich salzreicher. "Wer sich aus gesundheitlichen Gründen für vegane Ersatzprodukte entscheidet, trifft nicht unbedingt die bessere Wahl", so Wahrburg.

Menschen entscheiden sich aber häufig auch aus ethischen Überlegungen dagegen, Tiere zu essen. Ritter verwies auch darauf, dass Menschen mit ihrem Fleischkonsum einen ökologischen Fußabdruck hinterlassen, der reduziert werden müsse. "Wir müssen zurück zum Sonntagsbraten", sagte Ritter. Mehrmals in der Woche Fleisch zu essen, habe negative Folgen für Mensch und Umwelt.

Nicht zuletzt der Genuss

Während des Vortrags hatten die Gäste Gelegenheit, mit allen Sinnen ausgewählte Leckerbissen zu probieren: Pumpernickel-Bier, Taboulé, Käse mit und ohne Laktose. Zum Schluss wurde dann etwas serviert, das ganz viel "mit" hatte: Ein Schokoladenkuchen mit Laktose, mit Gluten - und mit Speck.

"Bleiben Sie gelassen und tolerant, wenn das nächste Mal ein neuer 'Trend' in Sachen Ernährung die Runde macht", gaben Ritter und Wahrburg dem Publikum mit auf dem Weg. "Und vergessen Sie bei alledem nicht den Genuss."

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